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Korruption Nein Danke

Quelle: Euronews German - Länge: 17:00s - Veröffentlicht: < > Embed
Video: Korruption Nein Danke

“Unser Land wird von einer Mafia-Bande regiert.” Tudor Carstoiu nimmt kein Blatt vor den Mund.

Der junge Mann ist einer der unzähligen Demonstranten, die gegen die Justizreform Rumäniens auf die Straße gehen.

“Die PSD-Politiker, die derzeit an der Macht sind, die Sozialdemokraten, haben riesige Probleme mit den Gesetzen, zumindest viele von ihnen.

Das ist der Grund, warum sie diese Justizreform durchdrücken wollen, damit wollen sie ihre Probleme mit dem Gesetz aus der Welt schaffen.” Gegen führende Politiker Rumäniens wird ermittelt, wegen Korruption, Steuerhinterziehung, Betrug mit EU-Geldern.

Dieselben Politiker wollen nun das gesamte Rechtssystem umbauen.

Das klingt verdächtig.

Verabredung mit Whistleblower Ich bin mit einem der besten Whistleblower des Landes verabredet, Attila Biro, Sprecher eines vielfach ausgezeichneten Top-Teams investigativer Journalisten.

RISE Projekt Rumänien, nennt sich die Gruppe.

Mit Langzeitrecherchen haben sie versucht, den Machenschaften Liviu Dragneas auf die Spur zu kommen, das ist der Vorsitzende der rumänischen Sozialdemokraten.

Biro ist gut vernetzt mit investigativen RISE-Gruppen rund um den Globus.

Eine der vielen Spuren führt bis nach Brasilien, dort geht es um eine von Dragnea genutzte Luxusvilla.

“Sprechen wir über Liviu Dragnea”, schlägt Biro vor, “einen der einflussreichsten Politiker Rumäniens.

Dieser Mann kontrollierte Tel Drum, ein lokales Bau-Unternehmen.

Vertrauliche Papiere eines rumänischen Geheimdienstes belegen, dass Tel Drum von Dragnea kontrolliert wurde.

Diese Firma wuchs und wuchs.

Hunderte Millionen Euro flossen aus dem Staatshaushalt und aus den Budgets der regionalen Gebietskörperschaften zu Tel Drum.

Das Budget des Teleorman-Bezirks, dort wurde Dragnea geboren, kontrollierte… Liviu Dragnea.” “Und was hat er davon?”, will ich von Biro wissen.

“Das Unternehmen, also Tel Drum, bezahlte zehntausende Euro, um den Luxus-Schlitten seines Sohnes aufzumotzen”, sagt Biro und zeigt mir Fotos.

“Insgesamt haben wir fast 400 Millionen Euro gefunden, die aus staatlichen und lokalen Budgets zu dieser Firma flossen… und von dieser Firma dann teilweise weiter zu Dragneas Freunden und letztendlich in die Taschen seines Sohnes.” Recherche in Dragneas Heimatregion Machen wir uns auf den Weg nach Teleorman, Dragneas Heimat.

Rumäniens Antikorruptionsbehörde hat Ermittlungen eingeleitet gegen Dragnea und Tel Drum.

Sie sollen eine kriminelle Vereinigung gebildet haben.

Ihr Vermögen wurde eingefroren.

Tel Drum will deshalb nun Bankrott anmelden, was die Antikorruptionsbehörde per richterlicher Anordnung verhindern möchte.

Am Ufer der Donau nehmen wir Carmen Dumitrescu mit an Bord, auch sie hat sich dem investigativen Journalismus verschrieben.

Mit dubiosen Leasingverträgen wurde die Donau-Insel Belina Tel Drum überlassen, für gerade einmal 2000 Euro.

Dort angelt jetzt Dragnea.

“Das Problem mit der Belina-Insel besteht darin”, erläutert Carmen Dumitrescu, “dass dieses Gebiet ursprünglich dem rumänischen Staat gehörte.

Doch zu der Zeit, zu der Herr Dragnea Minister für Regionalentwicklung wurde – und Frau Sevil Shaiddeh seine Staatssekretärin – genehmigte er die Überschreibung der Nutzungsrechte an Tel Drum, also an genau die Firma, die vermutlich über Strohmänner von ihm selbst, Liviu Dragnea, gelenkt wird.

Dragnea ist der Strippenzieher im Schatten.” Alles erfunden, meint Dragnea dazu.

Damit wolle man nur die Regierungspartei demolieren.

Doch unser Bootsmann, ein ortsansässiger Fischer, hat Angst vor Dragneas Netzwerk.

“Gheorghe” ist ein Deckname, sein Gesicht möchte er während des Interviews nicht zeigen, die Gesichtsmaske gegen die klamme Kälte über der winterlichen Donau behält er an.

“Früher kamen wir hierher zum Fischen”, erinnert sich Gheorghe, “und den Fang haben wir dann auf der Insel gegrillt.

Doch nun sind da Zäune, der Zugang ist untersagt… Als Tel Drum kam, wurden Absperrungen gezogen, nur deren Mitarbeiter dürfen noch da hin, wir haben keinen Zugang mehr.” Dragnea bestreitet das.

Wer wolle, könne dort gerne anlanden und angeln.

Nur, Gheorghe will nicht, er fürchtet die Aufpasser auf der Insel.

Wir haben auch mit anderen ortsansässigen Fischern geredet, sie ärgern sich darüber, dass sie die Fische – wenn gefangen – wieder zurückwerfen müssten.

Wer für den Eigenbedarf fischt, also den Fang auch essen möchte, oder wer die Fische weiterverkaufen will, der müsste tief in die Tasche greifen und zahlen, wird uns erzählt.

Zunächst war in den internen Papieren davon die Rede, auf der Insel einen hochmodernen Tourismusbetrieb aufzuziehen, mit Übernachtungsmöglichkeiten, Restaurants, Angelteich, diversen Erholungs- und Entspannungsangeboten.

Davon ist nun, seitdem ganz Rumänien über den Leasing-Deal diskutiert und die Antikorruptionsbehörde ermittelt, nicht mehr die Rede.

Betrug beim Straßenbau Doch das Problem Belina ist nur ein kleiner Teilaspekt der Dragnea-TelDrum-Akte.

Da ist noch mehr im Busch: Dragnea und Tel Drum werden beschuldigt, bei Ausschreibung und Vergabe von Strassenbauarbeiten getrickst zu haben.

Und über falsche Preisberechnungen sollen auch europäische Fördermittel fehlgeleitet worden sein.

Die Betrugsbekämpfer von OLAF, so nennt sich die Ermittlungsbehörde der EU, wollen Licht ins Dunkel bringen.

Es geht um 20 Millionen Euro.

Die fordert Brüssel nun zurück.” Carmen Dumitrescu: “Klar, schließlich geht es um europäisches Steuergeld.

Das Betrugssystem kreist um den Bau und die Reparatur von Landstraßen.

Federführend ist Tel Drum, Liviu Dragneas favorisierte Firma.

Bei den Ausschreibungen wurde geschummelt, es ist klar, wo der Hase im Pfeffer liegt und warum die rumänische Anitkorruptionsbehörde das nun genau unter die Lupe nimmt…” Weg mit dem Schnauzbart Wir legen einen Halt in Turnu Magurele ein, Dragneas Heimatstadt.

Hier begann seine politische Karriere.

Doch die Stimmung ist umgeschlagen, Dragneas Rückhalt in der Provinz scheint zu schrumpfen.

“Es wäre gut, diesen Schnauzbart von seinem Sockel zu holen”, sagt einer der Passanten hier in Turnu Magurele.

Andere Männer und Frauen stimmen ihm zu.

“Der Mann hat den gesamten Teleorman-Bezirk verschaukelt, der hat uns alle arm gemacht.

Ich bin 53 Jahre alt und finde keine Arbeit.

Es gibt keine Arbeit, dafür verantwortlich ist der Schnauzbart.

Der hat unser Land an die Wand gefahren, und uns mit.

Und wir sind noch so blöd und wählen weiter die PSD.

Kein Wunder, dass unsere Kinder das Land verlassen.

Wir sollten unsere Würde wiederfinden und das Rückgrat haben, die ganze Bande abzusetzen.” Seine blauen Augen blitzen wütend im Halbdunkel des frühen Abends, auch seinen Namen nennt er, Adi Maruntelu, denn verstecken will er sich nicht.

Jagd auf korrupte VIPs Wir fahren zurück nach Bukarest.

Korrupte Entscheidungsträger zu jagen ist der Job der Antikorruptionsbehörde DNA.

Allein in den vergangenen fünf Jahren hat deren Chefin, Laura Kövesi, mehr als siebzig große Fische vor Gericht gebracht: einen Premierminister, zwei seiner Stellvertreter, elf Minister, weit über fünfzig Abgeordnete… Zum Basketballspielen hat die frühere Topliga-Spielerin Kövesi kaum noch Zeit, doch sie reagiert immer noch blitzschnell.

Als die Regierung den Komplettumbau der Justiz einleitete, schlug sie Alarm.

Laura Kövesi: “Die Gesetze werden nicht aufgrund eines echten Reformwillens verändert, sondern als Reaktion auf die jüngsten Ermittlungen unserer Antikorruptionsbehörde und als Reaktion auf die jüngst gefällten Gerichtsurteile.” – Kövesi protestiert, weil sie befürchtet, dass ihr Steine in den Weg gelegt werden: “Bei vielen Ermittlungen gelangen wir durch Undercover-Operationen an unsere Beweise.

Sollten die Reformen umgesetzt werden, könnten wir nicht mehr investigativ ermitteln.

Das behindert nicht nur unsere Korruptionsermittlungen, sondern auch den Kampf gegen Drogenhandel, Menschenhandel und Internetkriminalität.

Die gesetzlich zulässigen Mittel werden amputiert.

Die Regierung zerstört die investigativen Werkzeuge, die wir verwenden.” Der Zehn-Prozent-Bürgermeister Die regierenden Sozialdemokraten werfen Kövesi Parteilichkeit vor.

Doch die Korruptionsermittler wenden ihre investigativen Methoden auch gegen bestechliche Politiker anderer Parteien an.

Serban Marinescu hat ein konkretes Beispiel.

Sein Architekturbüro sollte einen Platz in der Provinzstadt Ramnicu Valcea neu gestalten.

Doch der konservative Bürgermeister verlangte Schmiergeld.

Marinescu und seine Kollegen schalteten die Antikorruptionsbehörde DNA ein.

Gemeinsam stellten sie dem Bürgermeister eine Falle.

Serban Marinescu: “Wir hatten den landesweiten Wettbewerb gewonnen.

Alles war fertig.

Dann kommt dieser Typ und sagt, dass wir ihm zehn Prozent (der Auftragssumme) geben sollen, so nach dem Motto, das sei seine Stadt.” “Wie war denn das genau, als Sie den Bürgermeister getroffen haben?”, will ich von Marinescu wissen.

Serban Marinescu: “Der Bürgermeister hatte wohl Angst davor, abgehört zu werden, dachte, dass da irgendwo ein Mikrofon sein könnte.

Also schrieb er was auf einen Zettel, schob den Zettel rüber und meinte, mein Kollege solle das doch mal durchlesen…” “Hört sich irgendwie nach Tatort-Krimi an”, werfe ich ein.

Serban Marinescu stimmt zu: “So war es auch ein bisschen.

Mein Kollege war völlig durcheinander, der hatte die versteckte Kamera an sich und hatte Probleme, den Zettel unauffällig vor die Linse zu halten.

Dann hat er das gelesen und OK gesagt, wir zahlen.

Der Bürgermeister wurde daraufhin super freundlich und stellte uns tolle Projekte in Aussicht, wir seien jetzt Partner…” Marsch der Hoffnung Der korrupte Bürgermeister landete hinter Gittern – und seine konservative Partei warf ihn hochkant hinaus.Es gibt also noch Hoffnung für Rumänien.

Deshalb haben die Januar-Demonstranten ihren Protest “Marsch der Hoffnung” genannt.

Doch die Furcht marschiert mit.

Die umstrittenen Gesetze könnten in Zukunft zu einer Entkriminalisierung mancher Korruptionsdelikte führen.

An der Spitze des Zuges läuft ein Mann aus Cluj, 450 Kilometer legte er zurück, zu Fuß.

Nach elf Tagen Gewaltmarsch hat er es rechtzeitig zum großen Protest-Event in Bucharest geschafft.

“Warum tragen Sie die Europa-Flagge?”, will ich von ihm wissen.

Sorin Bobis: “Wir haben auch die Europaflagge mit dabei, weil Rumänien Mitglied der Europäischen Union ist.

Und ich will nicht, dass sich erneut eine Trennlinie der Ungerechtigkeit quer durch Europa zieht, auf der einen Seite der Westen, auf der anderen Seite der Osten.

Denn wir sind Teil der Europäischen Union – und wir wollen das auch bleiben.” Wir wollen nicht das nächste Polen oder die nächste Türkei sein Zu Fuß, mit dem Auto, Bus, Flugzeug oder mit der Bahn… den ganzen Tag über treffen Protestgruppen aus allen Landesteilen in der Hauptstadt ein.

Auf dem Bukarester Bahnhof spreche ich eine der gerade angekommenen Gruppen an: “Wo kommt Ihr her?

Was habt Ihr vor?” Ioana Pasc, eine junge Frau mit rotem Haar und lustiger Pudelmütze antwortet: “Wir kommen aus Sibiu (Hermannstadt) in Transsilvanien, das Herz Rumäniens.

Heute ist dieser landesweite Protesttag… Wir wollen nicht in einer Demokratie leben, die nur auf dem Papier existiert.

Es ist wichtig für die Justiz, unabhängig zu sein.

Sonst wird das nichts mit der echten Demokratie.

Wir wollen nicht das nächste Polen oder die nächste Türkei sein.” Politische Kontrolle der Justiz Vor dem Sitz der Sozialdemokraten erläutern uns Demonstranten, dass die Justizreform nur dazu diene, Partei-Chef Dragnea und seine Kumpane vor dem Gefängnis zu bewahren… Diana Maria Voicu von der Bürgerinitiative Initiativa Romania sagt: “Die neuen Gesetze ermöglichen eine politische Kontrolle der Justiz und das bedeutet, dass die korrupten Personen in der Regierungskoalition einer Strafverfolgung und Verurteilung möglicherweise entgehen könnten.” Geheimtreffen in der Szenekneipe Es geht auf den Abend zu, heftiges Schneetreiben hat eingesetzt.

Wir haben einen Tipp bekommen, eine Adresse, an der ein “Geheimtreffen” in einer Szenekneipe stattfinden soll.

Der Wirt hat Bedenken, dass sein Lokal Probleme bekommen könnte, wenn bekannt wird, dass sich bei ihm Protestgruppen treffen.

In einem Nebenzimmer schlägt das Herz der Protestbewegung, eine kleine Gruppe junger Rumänen sitzt dort, hat sich hochkonzentriert über ihre Laptops gebeugt.

Korruption tötet nennt sich ihre Gruppe.

Angi, Florin und ihre Freunde sind nervös, in wenigen Minuten beginnt die Demo.

Es ist ein Test: Lebt die Protestbewegung noch?

Oder werden die Menschen zu Hause bleiben?

“Ihr verteidigt die Justiz, das ist das Motto der Demo.

Was ist denn das Problem?”, frage ich Angi.

Angi Serban: “Die Veränderungen in Strafprozessordnung und Justizwesen sind der erste Schritt in Richtung Diktatur.

Das hatten wir früher schon einmal und 1989 haben wir dafür mit Blut bezahlt.

Heute, Jahrzehnte später sind wir erneut an diesem Punkt angelangt.

Dagegen wehre ich mich.

Ich wehre mich.” Florin Badita, Gründer der Gruppe, fügt hinzu: “Wir haben ein Justizsystem, das begonnen hat zu funktionieren.

Und die wollen das verkrüppeln, aus Eigennutz.

Wir werden das nicht zulassen.” Sein Blick ist voller Entschlossenheit.

Man spürt, dieser Mann wird sich von seinem Ziel nicht abbringen lassen.

Nach dem kurzen Interview gerät Hektik in die Gruppe.

Ein Megaphon und ein Photoapparat werden mit Zellophanfolie umhüllt.

Aus einem Wandschrank zerren eilige Hände dicke Stapel photokopierter Flugblätter, die in den Rucksäcken verstaut werden.

Auf den Zetteln werden die Grundzüge der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Gewaltenteilung, des Wahlverfahrens erklärt.

Auf anderen werden Tipps gegeben, wie man sich auf lokaler oder regionaler Ebene engagieren kann, um die Zustände vor Ort zu ändern.

Was tun, wenn man es mit Korruption im Alltag zu tun bekommt?

Praktische Hinweise, viel Sachlichkeit, Nützliches, das ABC demokratischen Alltagshandelns.

Der Protest lebt Die Gruppe läuft hinüber zum Universitätsplatz.

Sollten die Regierungsparteien geglaubt haben, dass die Menschen der seit über zwei Jahren anhaltenden Proteste müde seien, so haben sie sich getäuscht – und zwar gründlich.

Der Platz und die angrenzenden Ausfallstraßen sind vollgepackt mit Menschentrauben.Trotz Schneetreiben und Eisregen demonstrieren geschätzt 50.000 für eine unabhängige Justiz und gegen korrupte Politiker.

Überall in der Menge sind gelbe Schilder in Form einer riesigen Hand zu sehen.

“Wir stehen alle hinter unserer Justiz”, ist darauf zu lesen.

Viele Menschen tragen Anstecker, ebenfalls in Form der gelben Hand.

“PSD gleich Mafia” ist auf einem Plakat zu lesen.

Eine Gruppe skandiert: “PSD, rote Pest.” Europäische Kommission und Europarat sind ebenfalls besorgt über die jüngsten Entwicklungen in Rumänien.

Doch die Regierung in Bukarest will die Reform trotzdem durchsetzen.

Gespräch mit dem PSD-Senator PSD-Chef Dragnea antwortet nicht auf unsere Interviewanfrage.

Aber Serban Nicolae hat Zeit, Sprecher der PSD im Senat.

Er kritisiert Verbindungen zwischen Korruptionsbekämpfern und Geheimdienst.

Serban Nicolae: “Wenn man sich bei den Ermittlungen auf geheime Protokolle stützt, gemeinsame Ermittlungsteams aus Staatsanwälten und Offizieren des Geheimdienstes bildet, dann ist das ganz und gar illegal, das ist ein abgrundtiefer Missbrauch, das ist wie ein Krebs, der unsere Gesellschaft zerfrisst und es untergräbt die Glaubwürdigkeit des Rechtshandelns, insbesondere in Bezug auf die Korruptionsbekämpfung.” “Sollte Ihrer Meinung nach die Leitung der Antikorruptionsbehörde hier in Rumänien, Laura Kövesi, ausgetauscht werden?”, will ich von Nicolae wissen.

Serban Nicolae: “Sollte sie der Auffassung sein, dass sie sich trotz Verwendung geheimer Mitschriften oder geheimer Verfahrensregeln nichts hat zuschulden kommen lassen, dann sollte sie gehen.

Euronews: “Warum möchten Sie, dass bei Korruptionsdelikten keine Untersuchungshaft mehr verhängt wird?” Serban Nicolae: “Nehmen wir einmal an, Sie haben da eine korrupte Person, einen hochrangigen Amtsträger… Sie brauchen diese Person nicht zu verhaften.

Sie müssen zunächst einmal Beweise beibringen… Die Untersuchungshaft an sich ist ja keine Strafe.

– Die Staatsanwälte verhängen Untersuchungshaft, um ihre Macht zu zeigen.

Das ist wie Lynchjustiz: Die Leute sehen einen hochrangigen Politiker in Handschellen, mitten in der Nacht, vor den Fernsehkameras… manchen Leuten verschafft das ein Gefühl der Befriedigung… Das ist wie im antiken Rom mit den Gladiatoren in der Arena.

Mit einem funktionierenden Justizsystem hat das nichts zu tun.

Das ist Rache.

Das ist politischer Kampf.

Das ist Missbrauch.

Auch das ist eine Form von Korruption.” Richter sagen Nein zur Reform Doch die allermeisten Richter und Staatsanwälte lehnen die Justizreform ab, auch Lucia Zaharia, Mitglied des rumänischen Richterbundes.

Wir treffen sie in einem Cafe, in dem Künstler ihre gemalten Träume eines glücklichen Landes ausstellen.

Der Kontrast mit der rauhen Wirklichkeit ist hart.

Zaharia kritisiert, dass die Justizreform ohne Konsultationen, quasi im Alleingang durchgepaukt wird.

Doch das ist nicht alles.

Lucia Zaharia: “Die Gesetzesänderungen führen eine Art Haftung für Richter und Staatsanwälte ein, eine Haftung, die zu weit geht… Richter und Staatsanwälte können sanktioniert werden.

Und diese Sanktionen können bis hin zur Entlassung aus dem Amt gehen… Ich persönlich fühle mich dadurch verletzlich und ich denke, jeder andere Richter und jeder andere Staatsanwalt wird dieses Gefühl der Verletzbarkeit teilen.” Das Verfassungsgericht strich diesen Punkt nun.

Warum hält der Protest so lange an?

Begonnen hat die jüngste Welle der Massendemonstrationen in Rumänien bereits vor über zwei Jahren.

Was bringt die Menschen dazu, regelmäßig, massenhaft und fast pausenlos für die Unabhängigkeit der Justiz zu demonstrieren, was treibt sie an?

Wo kommen sie her, diese Wut und diese Ausdauer?

Eine wahrscheinliche Erklärung: 2015 tötete ein Brand im Bukarester Colektiv-Club 64 Menschen.

Nicht vorhandener Brandschutz und Korruptionsvorwürfe auch hier.

“Korruption tötet” wurde gegründet, Massenproteste führten zum Rücktritt der Regierung Ponta (PSD).

Die Rumänen wollen nicht länger alles erdulden.

Sie wehren sich.

Es war die Hölle Mumu ist einer der Überlebenden der Colektiv-Katastrophe, wir treffen ihn an der kleinen Gedenkstätte vor dem Gebäude, Kerzen brennen, eine lange Fotowand voller junger, sehr junger Gesichter.

Die Augen der Toten blicken uns an, Mumu erzählt: “Die Jungs und Mädchen versuchten wegzulaufen, aus dem Club rauszukommen und dann…, dann ging es nicht weiter…” – Mumu ringt nach Worten, um Fassung.

“Die Türe ließ sich nicht öffnen… Es war die Hölle, die reinste Hölle.

Eine Freundin von mir starb hier, eine Kollegin.” Ich verlange Gerechtigkeit Mumu stellt einen direkten Zusammenhang her zwischen den Toten und der allgegenwärtigen Korruption in Rumänien: “Das alles hängt direkt mit der Korruption zusammen, weil der Bürgermeister unterschrieben hat, er hat die Genehmigung erteilt für diesen Club, obwohl er nicht OK war.

Die Menschen hier hinter mir (Mumu zeigt auf die Fotos der Toten an der Gedenktafel), viele von ihnen starben in den Krankenhäusern, denn auch das medizinische Versorgungssystem hier in Rumänien ist korrupt.

– Ich will Gerechtigkeit.

Das ist alles, was ich verlange: Gerechtigkeit.”



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